Sprungbild an Silvester am Matema Beach

Silvester am Matema Beach

Silvester haben die Mbeya Girls[1], Nadja, Fabiana und Miriam am Matema Beach[2] am Malawisee gefeiert. Wir haben dort in einem Haus, das den Schwestern von Sarah und Anna in Kyela gehört, für 7.500 tsh[3] die Nacht gewohnt und uns immer jeweils ein Bett geteilt. Gekocht wurde für uns nebenan für 1.000 – 3.000 tsh pro Gericht. Es war einfach traumhaft! Da der Malawisee ist so groß, dass man das Ufer nicht sehen konnte, und es gab Wellen und Strand, sodass wir uns wie am Meer gefühlt haben. Zudem schien die Sonne in ihrem hellsten Gewand und es war sehr warm – schnell kam ein richtiges Urlaubsgefühl auf.

Am 29. Dezember kamen wir abends um 7 Uhr in Matema an. Dort haben wir am Strand auf die Fertigstellung unseres Essens gewartet: Es gab Reis mit Gemüse und es war echt lecker! Viel wurde an diesem Abend allerdings nicht mehr gemacht.

Unser nächster Tag begann mit einem Frühstück, bestehend aus Chapati[4], Omelett, frischem, gekühltem Mangosaft und von Helen und Merle mitgebrachter Erdbeermarmelade. Chapati mit Marmelade zu essen, war der Hit! Wieder konnten wir uns über so eine Kleinigkeit freuen und haben uns darüber gefreut, dass wir uns so freuen konnten. Leider hat die Marmelade auch nur für dieses Frühstück gereicht, weil sie so geliebt wurde …

Wasserfall!

Wasserfall!

Danach haben wir uns einen Guide gesucht und sind zu einem Wasserfall gewandet. Das war vielleicht ein Abenteuer! Bei dem Weg, den wir gelaufen sind, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass besonders viele Touristen dort entlang laufen. Die ganze Zeit ging es steil bergauf und bergab, im wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein, über Felsen und an tiefen Schluchten vorbei. Ein Fluss plätscherte stetig friedlich neben uns vor sich hin und musste oft durchquert werden, wenn es auf der einen Seite nicht weiterging. Teilweise mussten wir uns über schmale Vorsprünge quetschen, die uns die Sicherheit gaben, dass der ein oder andere Wanderer da schon einmal runtergefallen sein musste, denn ein Fehltritt hatte den Sturz in die Tiefe bedeutet. Leila und Kathi hatten auch noch Flipflops an, die bei diesem Weg wirklich denkbar ungeeignet waren, aber niemand von uns hat mit so etwas gerechnet! Nach eineinhalb Stunden anstrengender Wanderung wurden wir aber mit einem wunderschönen Anblick belohnt: Vor uns erstreckte sich das Ende der Schlucht meterhoch in den Himmel. Bäume und Büsche säumten die weniger steilen Stellen der Schlucht. Ein Wasserfall sprudelte von ganz oben in einen kleinen See, in dem der Fluss entspringt, an dem wir entlang gewandert waren. Sofort sprangen wir in das kalte Wasser, schwammen eine Weile und kletterten ein kleines Stück am Wasserfall hinauf. Später kletterten Merle und ich noch ein bisschen in der Schlucht herum, bis uns der Guide angsterfüllt davon abhielt, weil es zu gefährlich sei. Anstatt dessen haben wir Spielkinder dann einen Staudamm in Fluss gebaut und so eine Art Whirlpool kreiert. Wir haben fette Äste und Bretter geholt, sie zwischen die Steine und Felsen geklemmt und hatten so eine nette Runde im aufgewärmten, sprudelnden Wasser des Flusses. Außerdem kamen nach einer Weile noch zwei gut aussehende Schweizer, die nur wenig älter waren als wir und in Tansania für drei Monate arbeiten sollten (einen Monat hatten sie bereits hinter sich). Mit haben wir dann den Rückweg angetreten.

Fahrt auf dem Autodach!

Fahrt auf dem Autodach!

Als wir wieder an der aus dem Dickicht und er Schlucht heraus waren, haben uns die Schweizer angeboten, uns im Auto mitzunehmen. Wir beschlossen kurzerhand, dass eine Fahrt auf dem Dach ganz nett wäre, und haben uns darauf gesetzt. Während wir also dem Ästen auswichen[5], betrachteten wir die Landschaft und sangen Lieder, bis wir wieder zu Hause waren.

Abends haben wir dann im Dorf noch Soda und Bier getrunken und Chipsi Mayai gegessen.

Am nächsten Tag sind wir mit dem gleichen Guide und einem weiteren mit einem traditionellen Boot aus Mangobaumholz über den Malawisee bis zu einer anderen Stelle am Ufer gefahren, wo uns von den Guide (leider nicht genug) Schnorchel und Taucherbrillen zur Verfügung gestellten wurde, um zu schwimmen[6] und Fische anzusehen. Nadja und ich sind beide nicht so die Wasserratten[7], weshalb wir nur auf den Steinen gestanden und gequatscht haben und nach wenigen Metern des Schwimmens keine Lust mehr hatten. Irgendwann setzten wir uns ans Ufer in die Sonne. Die Guides haben uns eine Höhle gezeigt, die angeblich bis nach Iringa verlaufen soll, wo Fabi und Miri wohnen (sie hätten also innerhalb von ein paar Tagen nach Hause laufen können!). Später habe ich noch zwischen Bäumen eine schöne Lichtung mit einem kleinen Wasserfall, der in einen noch kleineren See rann, gefunden. Tansania hat so schöne Fleckchen zu bieten! Das werde ich echt vermissen … Wie so vieles! Aber dazu später mehr.

Mangobaumboot auf dem Malawisee größer

Mangobaumboot auf dem Malawisee

Nach unserem Ausflug sind wir noch zu einem Töpfermarkt in der Nähe des Dorfes gelaufen, wo ich als Mitbringsel für die Schwestern eine Tonschale zum Kochen oder für Obst gekauft habe.

Abends machte uns unser Kochmensch Cocktails und wir setzten uns mit den Schweizern und vier weiteren deutschen Freiwilligen der Diakonie um ein Feuer und tauschten Erfahrungen und lustige Geschichten aus Tansania aus und wurden dabei völlig spontan von der Tatsache überrascht, dass soeben das neue Jahr begonnen hatte.

Wir fielen uns in die Arme und sangen die tansanische Nationalhymne, denn wir alle waren uns einig: Tansania ist das beste Land und wir wollen nie wieder hier weg! Dieser ganze Luxus, den wir in Deutschland nicht einmal mehr sehen können und den uns der Kapitalismus und die Medien als notwendig vorgaukeln, kann uns gestohlen bleiben! Wir sind absolut glücklich mit unseren Eimerduschen, unseren Löchern im Boden als Toilette und dem immer gleichen Essen! Wir lieben die Landschaft und die Menschen und die Tatsache, dass man nur ein Ziel im Kopf haben muss und die Einheimischen alles daran setzen, dass man dieses Ziel erreicht. Sie machen den Weg zum Ziel und begleiten einen, bis sie einen in Sicherheit wissen. So habe ich meine Wege nach Kisa, Kyela, Mshewe und zum Matema Beach gefunden. Die Leute sind hier so viel offener und herzlicher. Wenn mir jemand eine Waschmaschine[8] und Spannbetttücher schickt, bin ich vollauf zufrieden! Wir alle sind uns jetzt schon sicher, dass wir den schlimmsten Reverse-Kulturschock des Jahrhunderts in Deutschland haben werden. Wenn ich mir nur vorstelle, jetzt in Deutschland zu sein mit einem voll eingerichteten Bad, all den elektronischen Geräten, all dem Luxus und der Sauberkeit, die selbst die Fähigkeit zur Wertschätzung nicht mehr übrig lässt, ist das der Horror. Natürlich gibt es Dinge, die in an Deutschland vermisse, aber es wird so viel mehr geben, was ich an Tansania vermisse. Anders als erwartet, können sich viele von uns tatsächlich vorstellen, ihr ganzes Leben hier zu verbringen. Ich finde es wirklich schade, in welches Licht Entwicklungsländer wie Tansania in Industrieländern wie Deutschland gerückt werden. Natürlich gibt es hier Armut auf allen Ebenen und auch hungernde Menschen, aber insgesamt ist das Leben hier ein glückliches – in vielerlei Hinsicht sind die Menschen hier sogar reicher und glücklicher als die Menschen in Industrieländern, die in ihrem Luxus und Geld ertrinken. Man sieht immer nur Poster von kleinen, schwarzen Kindern, die hungern, als sei dies das Einzige, was dieses Land ausmacht. Uns wird vorgemacht, die Menschen könnten ohne den Luxus, den wir haben, nicht glücklich sein. Deshalb brauchen wir natürlich den Luxus auf Kosten dieser Menschen, denn sonst rutschen wir so tief wie sie und sterben alternativlos; eine wirklich kranke Manipulation durch die Medien! Ist das so viel besser als die Zustände hier? Ich glaube nicht. Hier muss sich einiges ändern, vor allem in Politik und Bildung. Und es gibt auch viele arme Menschen, aber das Lebensgefühl hier ist toll und daran sollte sich nichts ändern! Tansania hat viele schöne Seiten in vielerlei Hinsicht und ist nicht nur ein armes Land ohne Perspektiven. Sicher gilt das auch für viele andere arme Länder. Die Prioritäten in der Entwicklungshilfe müssen definitiv noch einmal überdacht und überarbeitet werden! Aber dafür sind wir ja hier – schließlich ist das ein „entwicklungspolitischer Lerndienst“.

Wir haben also eine wunderschöne, prägende Zeit, in der wir schon viel über das Leben, ein fremdes Land und Entwicklungspolitik gelernt haben. Diese Erfahrung kann ich nur jedem weiterempfehlen! Wenn ich daran denke, was meine Freunde verpassen, weil sie sich direkt für ein Studium entschieden haben … Ich würde mich jederzeit wieder für dieses Jahr entscheiden! Meine Angst davor, hier einen Kulturschock zu erleiden, mich nicht einzufinden oder nicht mit der Armut klarzukommen, waren völlig unbegründet! Anstatt dessen habe ich ganz neue Vorstellungen von Glück, Leben im Moment, Armut und Menschen gewonnen. Jetzt bin ich umso mehr bestärkt darin, dass ich am liebsten jedes Jahr in einem anderen Land arbeiten würde. Eigentlich hat es doch jedes Land verdient, kennengelernt zu werden und nicht mit anderen Ländern in einen Topf geschmissen zu werden. Jedes Land hat seine eigene Kultur und Lebensweisen, die nicht im Chaos der Globalisierung[9] untergehen sollten! Wir müssen alle weltoffener und verständnisvoller werden. Wie viele Kriege könnten verhindert werden, wenn es mehr Toleranz gäbe? Wenn jeder Mensch sich vornehmen würde, das Leben nur eines Menschen ein wenig besser zu machen (und das ist ja wirklich nicht schwierig), wären wir alle glücklichere Menschen! Fangt doch schon mal damit an, wenn ihr es nicht schon tut … :D

 

[1] Alle Freiwilligen, die in der Mbeya Region leben: Anna und Sarah in Kyela, Helen und Merle in Mshewe, Kathi und Leila in Kisa und ich in Tukuyu

[2] Matema ist ein Dorf auf der tansanischen Seite des Malawi-Sees, der hier Lake Nyasa heißt, und liegt direkt neben dem Livingstone-Gebirge.

[3] Ca. 3-4 €

[4] So etwas wie Pfannkuchen, aber ohne Ei.

[5] Der Fahrer gab sich aber Mühe, dort besonders langsam zu fahren oder selbst mit dem Auto auszuweichen, soweit das möglich war.

[6] #GönnDirBilharziose

[7] Nadja weiß schon, warum sie nie das Bronzeabzeichen gemacht hat …

[8] Ich bin allergisch gegen das Waschmittel und habe deswegen vom Wäschewaschen regelmäßig blutige Hände … und das ist echt anstrengend!

[9] Die Globalisierung hat natürlich auch viele gute Seiten! Ich bin nicht dagegen!

 

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