Über das Lesen und Schreiben

Wir finden es interessant, welche Gründe dazu geführt haben, dass sich jemand für dies oder jenes entscheidet, schließlich wird keiner geboren und weiß sofort, welche Interessen er später einmal haben wird. Zu diesem Zweck möchten wir heute ein wenig aus unserer Vergangenheit erzählen, denn nicht immer waren wir so versessen nach dem Schreiben oder dem Lesen wie heute.

Was sind deine Lieblingsbücher?

[Davi:] Wenn es um erzählende Texte geht, dann Goethes “Die Leiden des jungen Werthers”, “Kein Ort. Nirgends” von Christa Wolf, Thomas Manns “Tod in Venedig” und “Lotte in Weimar”, Friedrich Dürrenmatts “Der Richter und sein Henker” sowie die historischen Romane von Robert Löhr. In dramatischer Hinsicht ist es Schillers “Kabale und Liebe” und mein Lieblingsdichter ist Heinrich Heine (das “Buch der Lieder” ist großartig!). Darüber hinaus gibt es noch einige Schriftsteller:innen, die ich gerne lese, ohne aber ein Lieblingswerk benennen zu können (B. Brecht, M. Frisch, H. Hesse und A. Christie zum Beispiel). Man sieht, ich bin beeinflusst von der kanonisierten deutschen Literaturgeschichte, aber immerhin zählt es zu den Eigenarten eines Kanons, das er besonders hochwertige, nicht auf Masse geschriebene Werke fasst.
[Toni:]

Wie oft liest du bzw. wie sieht generell dein Leseverhalten aus?

[Davi:] Ich besitze eine lange Liste an Büchern, die ich nach und nach anschaffe (manchmal auch ausleihe) und dann lese. Hin und wieder entdecke ich auch durch Zufall ein neues Buch, das mir so gut gefällt, dass ich es unbedingt haben muss. Ich habe es schon geschafft, mehr als 50 Bücher im Jahr zu lesen, inzwischen hat es sich zeitbedingt auf ungefähr 25-30 eingependelt. Meine Angewohnheit ist, Bücher gerne am Stück zu lesen und dann auch kein anderes Werk nebenbei anzufangen, um mich vollkommen auf die eine Welt zu konzentrieren. Manchmal verweilen Bücher auch sehr lange bei mir im Regal, weil ich mich aus verschiedenen Gründen nicht an sie “herantraue”.
[Toni:]

Liest du Bücher auch doppelt?

[Davi:] Prinzipiell habe ich nichts dagegen, Bücher doppelt zu lesen (manchmal ist gar nicht anders möglich), es kommt aber auf das Buch an. Robert Löhrs Krieg der Sänger hat mir bei der Relektüre aufgrund meines angesammelten Wissens zu mittelalterlicher Literatur noch viel mehr Spaß gemacht als beim ersten Mal. Solche anstrengenden, langen Romane wie Ulysses oder Anna Karenina werde ich aber sicher kein zweites Mal zur Hand nehmen.
[Toni:]

Wie bist du zum Lesen gekommen?

[Davi:] Zum Lesen hatte ich in meiner Kindheit ein zwiespältiges Verhältnis. Ich habe es nicht gehasst, aber es auch nicht unbedingt gerne getan. Wenn ich gelesen habe, dann waren es Sachbücher mit vielen Bildern und großer Schrift, denn ich war schon immer daran interessiert, mein Wissen zu erweitern. Selten war auch auch ein Band der Drei Fragezeichen dabei. Schullektüren las ich indes mit viel Ehrgeiz, wobei das weniger am Lesen als an meiner fleißigen Art lag. In der sechsten Klasse lernte ich bei einer Buchvorstellung zu den beiden nachfolgenden Bänden von “Als Hitler das rosa Kaninchen stahl” das Gefühl kennen, sich für ein Buch zu interessieren, aber für mich war es damals unvorstellbar, mir ein Buch zu wünschen. Mein eigentlicher Leseanreiz kam 2009. In diesem Jahr sah ich (durch Zufall) den Film Twilight und las dazu alle Bücher. Natürlich handelt es sich dabei nicht um literarische Hochkultur. Mich hat diese Buchreihe als Jugendliche jedoch sehr beeinflusst; nicht zuletzt dadurch, dass ich dadurch angefangen habe, gerne und unvoreingenommen Romane zu lesen.
Meine Leidenschaft für Literaturwissenschaft und -geschichte begann etwa zwei Jahre später. Meine damalige Deutschlehrerin wollte unbedingt ins Theater und weil offenbar gerade nichts Besseres lief, schauten wir uns “Andorra” an – ohne jede Art von Vor- oder Nachbesprechung. Wir haben damals auch etwas ganz anderes im Unterricht behandelt. Als dies meine Mutter hörte, schenkte sie mir  eine Ausgabe von “Andorra” und zwar in der Edition der Suhrkamp Basisbibliothek. Die Aufmachung des Buchs hat mir so gut gefallen, dass ich mir für das Zeugnis weitere Bücher der Reihe wünschte – inzwischen besitze ich über 100 davon.
[Toni:] Schwer zu sagen. Früher habe ich nicht wirklich gelesen, aber es auch nicht abgelehnt. Die Wolfsaga, die ich in der 5. oder 6. Klasse gelesen haben, war dann wohl das erste dicke Buch, das ich gelesen habe und war auch der Grund, warum ich danach sehr viel gelesen habe. Das Buch hat mich gepackt und fasziniert und mir gezeigt, dass Bücher gar nicht so langweilig sind, wie viele behaupten. Bis heute lese ich immer noch sehr gerne.

Wie oft schreibst du bzw. wie sieht generell dein Schreibverhalten aus?

[Davi:] Wie beim Lesen habe ich manchmal Phasen, in denen es mir schwer fällt, mich zum Schreiben zu motivieren. Wenn ich es dann aber geschafft habe, konzentriere ich mich nur darauf. Meistens schreibe ich an freien Tagen, um mich voll auf das Schreiben zu konzentrieren und das Pensum, das ich mir setze, abarbeiten zu können.
[Toni:] Ich könnte nicht sagen, dass ich pro Tag schreibe. Wenn ich schreibe, variiert es zwischen zwei und zehn Seiten. Aber ich schreibe nicht immer.

Wie bist du zum (kreativen) Schreiben gekommen?

[Davi:] In der Grundschule war ich ziemlich durchschnittlich im Schreiben von Aufsätzen. Damals war ich noch so weit, um mich in Personen hineinzuversetzen oder auf die Wortwahl zu achten. Es hat mich aber auch nicht weiter gekümmert. In den ersten Jahren meiner Schulzeit habe ich eine Art Tagebuch geführt, aber nur sehr unregelmäßig. Meine erste, aus eigenem Antrieb verfasste Geschichte war Anfang 2007 ein mit grünem Filzstift geschriebener und fünf Din A4-Seiten langer Tagebucheintrag zu dem Spiel Animal Crossing für einen Forumsbeitrag. Zur siebten Klasse hin prägte sich langsam mein Interesse für die deutsche Sprache aus. Durch den sehr guten Deutschunterricht bekam ich die ersten Stilmittel vermittelt und immer öfter waren meine Aufsätze besser als die Note 3. 2008 entdeckte ich meine Leidenschaft für Animes (wieder). Aus Unzufriedenheit über den Verlauf einer Serie, die ich damals verfolgte, entwickelte ich meine eigenen Geschichten, woraus vier etwa zwanzigseitige Staffeln entstanden, an denen ich bis Januar 2011 schrieb. 2009 machte mich Toni auf einen Schreibcontest aufmerksam, an dem sie teilnehmen wollte. Trotz der Tatsache, dass ich in meinem Bundesland nicht teilnehmen durfte, schrieb ich einen größtenteils wahrheitsgemäßen Text über unser Kennenlernen, den ich später in einer anderen Kurzgeschichte verarbeitete. Kurz darauf entwickelten wir unsere gemeinsame Website. Vorerst blieb ich beim Verfassen von Kurzgeschichten, denn ich traute mir nicht zu, längere Geschichten oder gar Romane zu schreiben. Und mein erstes Gedicht war eine Katastrophe! Anfang 2012 begann ich, Dramen und Romane zu schreiben, an denen ich über die Jahre hinweg immer mal wieder arbeitete. Ein Jahr später fing ich wieder an, Gedichte zu schreiben, von denen ich mich lange fern gehalten habe. Es hat ein bisschen gebraucht, bis ich verstanden habe, dass sich Gedichte nicht zwingend reimen müssen, um gut zu sein. Aber seitdem schreibe ich sie sehr gerne.
Mein Interesse am wissenschaftlichen Schreiben entwickelte sich quasi parallel zu meiner Begeisterung für kreatives Schreiben. Man könnte meinen, beides schließt sich aus, aber das stimmt nicht (man denke nur an Umberto Eco oder Ulrike Draesner!). Spätestens ab der 10. Klasse hat es mir viel Spaß gemacht, Werke bzw. Ausschnitte daraus zu interpretieren, zu analysieren und die richtigen Worte zu finden, um seine Gedanken auszudrücken. Dabei hat es mir enorm geholfen, wissenschaftliche Texte zu lesen, da man sich dadurch gewisse Fachtermini und Konstruktionen leichter einprägt.
[Toni:] Gewissermaßen habe ich schon immer “geschrieben”. Schon mit drei Jahren fing ich an, selbst erdachte Geschichten zu erzählen und hatte sehr lebhafte Träume und Fantasien, was viele überrascht hat. Schon bald habe ich angefangen, meine Geschichten in Bildern zu erzählen. Sobald ich schreiben konnte, brachte ich diese Geschichten auch – so gut es ging – zu Papier.
Meine erste richtige und lange Geschichte schrieb ich in der 2. Klasse – über 17 Din A 5 Seiten (in großen Druckbuchstaben XD). Danach begann ich dann richtig zu schreiben. Zur 4. Klasse hin schrieb ich dann weniger und bis zur 6. dann gar nicht. Bis sich in meinem Kopf ein Netz aus Ereignissen zusammen sponn und ich mich so an meinen Roman setzte. Vor etwas längerer Zeit habe ich mich dann für einen Schreibwettbewerb beworben und habe eine Geschichte geschrieben und eingesendet. Das war dann der Ausschlaggeber und ich fing wieder an Geschichten zuschreiben.

Woher bekommst du die Ideen?

[Davi:] Durch reale Ereignisse, Träume, Bilder, Musik, Bewegtbild und oft genug auch durch bloßes Nachdenken.
[Toni:] Ideen finde ich überall. Alles, was ich erlebe, wird durch meinen Protagonist verarbeitet. Ob das in meine Geschichten oder Bücher kommt, ist eine andere Frage. Aber ja, ich gebe zu, dass ich Menschen und Ereignisse in meinen Bücher verarbeite, wie es viele Autoren tun. Viele Idee kommen mir durch Musik, einige auch durch Filme und Träume. Das Meiste aber entspringt mir einfach irgendwann plötzlich aus meinen Gedanken und da ist es. Keine Ahnung, wo diese Sachen herkommen. ^^

Was findest du am Schreiben am besten?

[Davi:] Viele Leute, die diese Frage gestellt bekommen, antworten darauf, dass es die “Macht” ist, eigene Welten zu kreieren. Und ja, ich kann dem nur zustimmen. Es gibt nichts Besseres, als eigene Handlungen zu erschaffen, Figuren Leben einzuhauchen und die fertigen Geschichten immer wieder lesen zu können.
[Toni:] Die Charaktere. Die eigene Idee auf Papier verwirklicht zu sehen. Das Verarbeiten des Alltags. Alles.

Was sind typischen Merkmale bei deinen Geschichten?

[Davi:] Früher habe ich gerne in der Ich-Perspektive geschrieben, inzwischen nicht mehr ausschließlich. Generell liegt jedem meiner Texte eine moralische, politische oder gesellschaftliche Fragestellung zugrunde. Ich könnte nichts schreiben, das ausschließlich der Unterhaltung dient.
[Toni:] Ich würde nicht sagen, dass ich besondere Merkmale habe. Zumeist haben meine Geschichten eine sehr übertragene Bedeutung und sind eher dunkel. Außerdem neige ich dazu, viele Dialoge einzubauen, und ich versuche immer, sehr authentisch mit den Charakteren zu schreiben (in meinem Buch zumindest).

Was verbindet dich mit deinen Geschichten?

[Davi:] Die Figuren, die Welt, die Situationen – meine Geschichten enthalten nicht nur meinen eigenen Schreibstil, sondern auch Gedanken, Wünsche und Ansichten. Es ist nicht so, dass man eine Geschichte niederschreibt und sie dann nie wieder ansieht, sondern es handelt sich um einen ewigen Prozess, bei dem manche Geschichten nie fertig werden wollen. Natürlich gibt es welche, die man lieber mag, und andere, die man oft überarbeitet und doch nicht passen, trotzdem sind sie alle zu einem gewissen Zeitpunkt meines Lebens aus einer Symbiose von Willen und Leidenschaft entstanden.
[Toni:] Die Charaktere oder die Hintergrundidee. Die Charaktere sind mir meist sehr nahe und enthalten Aspekte meiner eigenen Persönlichkeit. Und die Idee hinter einer Geschichte kann man immer auf ein Ereignis meines Lebens oder einen Gedanken/Wunsch, die ich dort verarbeite, zurückführen.

Bist du der Meinung, dass jeder Geschichten schreiben kann, oder muss man dazu ein Talent haben?

[Davi:] In Biologie hieß es damals, dass ein Talent zu 20% aus Anlage und zu 80% aus harter Arbeit besteht. Ich weiß nicht, ob ich hart gearbeitet habe, ich weiß nicht einmal, ob ich wirklich Talent habe. Was ist das überhaupt? Wer legt fest, ob jemand im Schreiben talentiert ist oder nicht? Von mir jedenfalls kann ich sagen, dass durch verschiedene Faktoren mein Interesse am Schreiben geweckt wurde und ich dieses Interesse zu meiner Leidenschaft gemacht habe. Natürlich hat es einige Versuche gebraucht, ich habe mit der Zeit neue Ausdrücke gelernt und mir einen “erwachsenen” Stil angeeignet. Aber war das wirklich Arbeit oder ein natürlicher Prozess infolge des Alterns? Ich denke, dass man sich für etwas wirklich interessieren muss, dann kommt das Talent schon von allein. Beispielsweise habe ich früher “das” und “dass” ständig verwechselt, weil es mir egal war. Jetzt würde ich diesen Fehler nie mehr absichtlich machen, weil mir Rechtschreibung wichtig ist. Man sollte also offen sein für Neues und Dinge nicht direkt ablehnen, weil man sie nicht kennt oder glaubt, dass sie einem nicht gefallen können.
[Toni:] Zwar hilft es natürlich, Talent zu haben oder kreativ zu sein. Denn dann fliegen die Idee einem zu oder man findet immer die richtigen Worte. Trotzdem bin ich durchaus der Meinung, dass man Schreiben lernen kann. Viel zu lesen kann hier sehr helfen. Man muss sich einen breiten Wortschatz aneignen, interessante grammatikalische Konstruktionen und Stilmittel kennenlernen und sich inspirieren lassen. Alles sicherlich nichts, was man nicht lernen könnte. Man muss eben nur viel Arbeit reinstecken. Aber das muss man mit Talent ebenfalls.

Und was denkst du dazu?

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