Frauen und Bücher – Über weibliches Lesen und Schreiben

Frauen in Verbindung mit Büchern haben eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Als Schriftstellerinnen jahrhundertelang nicht ernst genommen (und auch heute oft noch im Schatten der männlichen Kollegen stehend) und als Leserinnen als Gefahr empfunden, ist es noch nicht allzu lange her, dass ein grundlegendes Umdenken stattfand und das Geschlecht bei der Beurteilung eines Werks nun (weitgehend) keine negative, klischeebehaftete Vorverurteilung mehr auslöst.

Zum Thema gibt es viele Abhandlungen¹; wer sich weniger wissenschaftlich mit dem weiblichen Lesen bzw. der weiblichen Schriftstellerei beschäftigen möchte, dem seien die folgenden Bücher empfohlen, die ich kürzlich unabhängig voneinander entdeckt und gelesen habe.

Schöne Frauen lesen

Texte sind Spiegel. In ihnen zeigen wir uns selbst so, wie kein anderer uns sieht oder von uns weiß, und begegnen uns nicht selten in Gestalten, von denen wir bislang nichts ahnten. Wir spiegeln uns nicht nur in dem, was wir lesen, sondern vor allem darin, wie wir es tun, denn das Muster oder Bild, das im Lesen entsteht, zeichnet zugleich jene Strukturen auf, in denen wir uns und unsere Welt erfahren.
– Schöne Frauen lesen, S. 28.

„Schöne Frauen lesen“ ist eine Essaysammlung von Ulrike Draesner aus dem Jahr 2007, in der die Autorin in unterschiedlich langen Texten über Schriftstellerinnen und weibliche Buchfiguren, überwiegend aus dem 20. Jahrhundert, spricht. Textanalysen gehen mit biographischen Porträts einher, ohne zu trocken oder zu locker im Ton zu sein.

Schöne Frauen lesen

Schöne Frauen lesen

Sie zeigt dabei, welch unterschiedliche Themen und Schreibstile Schriftstellerinnen anklingen lassen und wie weibliches Schreiben in Nichts dem männlichen nachsteht.

Die Auswahl der Autorinnen ist auf persönlichem Interesse begründet, mit Annette von Droste-Hülshoff, Virginia Woolf oder Ingeborg Bachmann sind jedoch viele bekannte Namen im Tableau zu finden.

Frauen und Bücher

In seinem 2013 erschienenen Buch „Frauen und Bücher. Eine Leidenschaft mit Folgen“ nimmt uns der Autor Stefan Bollmann auf eine Reise durch die Geschichte von Frauen und Büchern vom 18. Jahrhundert bis heute. In chronologisch abgestimmten Kapiteln behandelt er frühe Feministen, die sich mit nicht-literarischen Texten aktiv für die Emanzipation der Frau einsetzten (wie etwa Mary Wollstonecraft), Schriftstellerinnen (u. a. Mary Shelley, Virginia Woolf, Susan Sontag), Verlegerinnen (Sylvia Beach, Verlegerin von James Joyces “Ulysses”), weibliche Romanfiguren (u. a. Emma Bovary, Jane Grey) wie auch andere Autoren und Strömungen, die dazu beitrugen, dass sich das (weibliche) Lesen etablierte.

Frauen und Bücher

Frauen und Bücher

Geschichtliche Hintergründe wie das konkrete Personenschicksal gehen Hand in Hand. So wird beleuchtet, wie sich Buchmarkt und Leseverhalten änderten: Wo bis etwa in die Mitte des 18. Jahrhunderts noch wenige kanonische Bücher immer wieder gelesen wurden, stand nun Gegenwartsliteratur hoch im Kurs, die in großer Anzahl, dafür nur einmal gelesen wurde. Lesen war dabei ein durchaus teures Vergnügen, wenn man sich die Bücher nicht auslieh. Am Beispiel Jane Austen wird erläutert, dass ein Buch umgerechnet über 100€ kosten konnte.

Gerade unter Frauen war Lesen um 1800 nicht immer angesehen. Es wurde als zeitraubendes Unterfangen bis hin zur unsittlichen Tat verteufelt, wohingegen vielen jungen Frauen oftmals nichts anderes übrigblieb, um an Bildung zu gelangen. Die Mehrzahl der bei Bollmann genannten lesenden Frauen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass zu dieser Zeit der Analphabetismus weit verbreitet war. Lesen zu können war meist den höheren bzw. gut situierten Schichten vorbehalten, Lesen zu dürfen gar ein Privileg.
Schriftstellerinnen wurden bis ins letzte Jahrhundert wenig ernst genommen, weshalb sie vielfach unter einem Pseudonym publizierten (bspw. George Sand, George Elliot, die Brontë-Schwestern), unter dem sie vorurteilsfrei ihre Werke präsentieren konnten. Im Laufe der Jahrhunderte emanzipierten sie sich immer mehr und mit ihnen die weiblichen Buchfiguren, die als freie starke Frauen präsentiert werden, die nicht mehr als Anhängsel eines Mannes fungieren – oder genau als ein solches und daran zugrunde gehen.
Der Autor endet schließlich in der heutigen Zeit, wo durch Fanfictions (mehrheitlich) Leserinnen selbst zu Autorinnen werden und die Grenze zwischen TV, Film und Büchern immer durchlässiger wird.

Fazit

Beide Bücher zeichnen in unterschiedlichen Ansätzen spannende Porträts von Schriftstellerinnen, die selbst nicht immer ein leichtes Leben hatten, geben einen Einblick in die Entwicklung des Buchmarkts, und zeigen Tendenzen des Schreibens auf, die bis in die jüngste Gegenwart aktuell geblieben sind.

Literaturangaben

¹ So zum Beispiel: Ingeborg Weber (Hrsg.): Weiblichkeit und weibliches Schreiben: Poststrukturalismus, weibliche Ästhetik, kulturelles Selbstverständnis. Darmstadt 1994.
Annette Kliewer: Geistesfrucht und Leibesfrucht. Mütterlichkeit und “weibliches Schreiben” im Kontext der ersten bürgerlichen Frauenbewegung. Paffenweiler 1993 (= Thetis, Bd. 4).
Franziska Frei Gerlach: Schrift und Geschlecht. Feministische Entwürfe und Lektüren von Marlen Haushofer, Ingeborg Bachmann und Anne Duden. Berlin 1998 (= Geschlechterdifferenz & Literatur, Bd. 8).

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