Meine Englandfahrt

Da Toni nun schon ein halbes Jahr in England lebt, mag es etwas merkwürdig erscheinen, wenn ich jetzt einen Bericht über meine Englandfahrt, die zwei Jahre zurückliegt, veröffentliche. Ich möchte trotzdem meine persönlichen Erfahrungen teilen und all jene dazu ermutigen, die noch nicht dort waren, selbst einmal eine Reise in dieses schöne Land zu unternehmen, auch wenn es sicherlich nicht so ein ausführliches Programm sein muss wie bei mir ^^.
Tag 1 (Montag, 13. Juli 2011)
Ich war es nicht selbst, auch nicht meine Familie oder meine Klasse, die sich diesen Ausflug ausgedacht hat. Die Englandfahrt ist ein von meiner Schule organisiertes Programm, das jedes Jahr alle neunten Klassen gemeinsam absolvieren, und vor ein paar Jahren eingeführt wurde. Die normale Klassenfahrt fällt weg, dafür beträgt die Englandfahrt fast eine ganze Woche.

Nachdem im Unterricht der Ausflug wochenlang besprochen, geplant und realisiert wurde, ging es an jenem 13. Juli früh morgens los, bei dem ich um fünf Uhr aufstehen musste. Sämtliche Klassen trafen auf einem großen Parkplatz nahe der Schule zusammen, wo bereits vier Busse, davon zwei Doppeldecker, auf uns warteten. Da meine damalige Klassenlehrerin nicht mitfahren wollte, begleitete uns unser junger Mathelehrer sowie natürlich unser Englischlehrer, die kontrollierten, ob alle anwesend waren, bevor wir den Bus einsteigen durften. Für unsere Klasse stand leider kein Doppeldeckerbus zur Verfügung, dafür mussten wir uns den Bus nur mit den Jungs aus der Begabtenklasse teilen.

Im Nachhinein erschien mir die Fahrt gar nicht so anstrengend, wahrscheinlich deshalb, weil wir viel gespielt und geredet haben. Was soll man auch anderes tun in einem Reisebus? Als erstes hielten war nach drei oder vier Stunden auf einem Rastplatz in Aachen, womit ich endlich auch mal in NRW war. Die nächste Pause war dann in den Niederlanden, danach noch eine in Belgien, bis wir am Hafen von Calais in Frankreich ankamen. So hatte ich am Ende des Tages mit England drei neue Länder kennengelernt, worüber ich als jemand, der gerne Neues lernt und entdeckt, sehr erfreut war. In Calais haben wir einige kuriose und seltene Autos gesehen, u. a. einen Lotus und einen Porsche, während wir wegen der Passkontrolle ziemlich lange warten mussten.

Die Fahrt mit der Fähre, die etwa neunzig Minuten gedauert hat, war ziemlich schön, vor allem die Fähre selbst. Dort gab es von Spielcasinos, Aufenthaltsräumen bis hin zu Bars so ziemlich alles. Es war meine erste Fahrt mit solch einer Fähre, vorher hatte ich nur einige Fährfahrten über den Rhein, die so kurz sind, dass sich das Aussteigen nicht lohnt, erlebt. Die meiste Zeit haben wir aber auf dem Deck verbracht, mit einer tollen Aussicht aufs Meer und ziemlich vielen Möwen. Im Übrigen war es ziemlich windig draußen.

Danach trennten sich die Wege der Busse: Unsere Klasse, die Begabtenklasse und eine weitere verbrachten die Woche in Hastings, die anderen Klassen wurden nach Worthing gebracht. Wir sollten uns erst an den Tagen in London wiedersehen.

Da wir sehr früh in Dover, England ankamen, schlug uns unser sehr netter und lustiger Busfahrer Gottfried, der uns donnerstags sogar zum Schlagersingen ermutigte, einen kleinen Ausflug in ein Dorf namens “Rye” vor. Dort hatten wir Zeit, das Dorf anzuschauen und einen ersten Eindruck von England zu gewinnen. Leider hatten alle Geschäfte bis auf einen Supermarkt, geschlossen, da Pfingsten war. Das Rechtsfahren ist mir anfangs gar nicht so aufgefallen, erst später wurde es etwas sonderbar.

Danach ging es direkt nach Hastings, wo wir gespannt auf unsere Gastfamilien warteten. Ich und meine Freundin wurden fast als letzte aufgerufen, weswegen wir dementsprechend aufgeregt waren. Im Nachhinein war unsere Gastfamilie aber total nett, die uns unseren Freiraum ließ und uns mit allem versorgte. Die Familie bestand aus den Eltern und vier Töchtern, von denen zwei schon volljährig waren und nicht mehr zuhause wohnten und dem kleinen Schnauzer Stanley. Der Vater war Bauarbeiter und ziemlich lustig, während die Mutter zuhause eine Art kleinen Kindergarten betrieb. Nebenbei erfuhren wir, dass die Familie öfter Jugendliche aus dem Ausland zu Gast hat.

Das Haus war sehr klein, besaß keinen Garten und unser Zimmer hatte bis auf einen provisorischen Schrank und zwei Betten nicht mehr zu bieten. Leider besaß das Haus auch nur ein Bad, sodass wir uns morgens immer sehr beeilen mussten. Zum Abendessen gab es meist Sandwiches und zum Frühstück Cornflakes. Was ich sehr bedauert habe, war die Tatsache, dass es kein Sprudelwasser gab, sondern nur Saft und Leitungswasser, was ich eigentlich gar nicht trinke. Nun gut, man kann es nicht jedem immer recht machen.

Da wir nur abends zuhause waren, gab es immer ein Lunchpaket für den Tag, bestehend aus einer (bzw. mittwochs zwei) Flasche/n Limonade, zwei (bzw. vier) belegten Brötchen, die abwechselnd mit Nutella, Käse, Wurst oder Salat belegt waren, einem Apfel, einigen Schokosnacks (einmal gab es sogar Rosinen) und einer kleinen Tüte Chips. Während der Reise habe ich mir auch des Öfteren Trinken gekauft, sodass ich nicht verdursten musste.
Morgens mussten wir uns dann immer beeilen und den Weg zum “Boating Lake”, dem Treffpunkt für unsere Gruppe, heruntergehen, was etwa fünfzehn Minuten beanspruchte. Es war angenehm, morgens den Weg bergabwärts zu laufen und dabei die stille, fremde Natur zu genießen.

Tag 2 (Dienstag, 14. Juli 2011)

Dienstags stand eine Stadtrallye in Hastings an, bei der wir etwas über die Stadt lernen sollten. Gelernt hat man meiner Meinung nach allerdings nicht viel und auch die Preise für die Gewinner, Kekse und verlaufene Schokolade, waren nicht so lohnenswert. Ich muss aber sagen, dass Hastings einen zwar steinigen, aber schönen Strand und teilweise sehr schicke Hause hat.
Nach der Stadtrallye durften wir uns etwa drei Stunden in der örtlichen Shoppingmall herumtreiben, wo wir erste Bekanntschaft mit »Primark«, einer Billigmodekette, die es in England überall gibt, und einigen anderen Läden machten. Später, eigentlich schon völlig fertig, mussten wir uns noch ein Aquarium ansehen. Die anderen waren völlig begeistert von den bunten Fischen und einem Rochen, aber ich habe mich die ganze Zeit nach einem Stuhl gesehnt, weil meine Beine weh getan haben. Ich fand es sogar so langweilig, dass ich kein einziges Bild davon gemacht habe.

Danach ging es aber natürlich nicht nach Hause. Der Tag war ja noch lang und nach dem Willen unserer Lehrer mussten wir noch eine zweistündige Wanderung, bei der wir uns schlussendlich auch verliefen, auf dem East Hill ertragen und ich muss sagen: Nie wieder! Das war wirklich das Allerschlimmste und Allerschmerzhafteste, was ich je machen musste. Am Anfang und zwischen den Hügeln, bei denen es übrigens nicht einmal befestigten Wege gab, gab es sehr sehr viele Treppen, die man entweder steil herunter oder steil hinauf gehen musste. Nachdem die geschlossene Gruppe schon am Anfang nach den Treppen direkt wieder runter wollte, ging es zwei Stunden hin und zurück. Ich dachte zwischendurch wirklich, dass ich gleich zusammenbreche, weshalb ich die wunderschöne Landschaft erst im Nachhinein auf meinen Bildern betrachten konnte.

Tag 3 (Mittwoch, 15. Juli 2011)

Mittwochs ging es dann endlich nach London! Juhu! Die erste Hauptstadt, in der ich war und dann gleich solch eine Weltmetropole! Am ersten Londontag hat es sogar nicht geregnet, dafür dann am zweiten umso mehr. Jedenfalls kamen wir mit dem Bus an den Greenwich Gardens an, wo wir bis zu unserem ersten Ziel laufen mussten: das Greenwich Observatory mit dem Nullmeridian. Das Museum innerhalb des Observatoriums entsprach nicht wirklich meinem Geschmack, aber dafür gab es draußen eine schöne Aussicht auf Londons Wolkenkratzer.

Danach ging es durch Greenwich zum Hafen, wo wir eine wunderschöne Bootstour auf der Themse gemacht haben – mein Highlight der Fahrt. Dort habe ich dann auch zum ersten Mal live die vielen Brücken von London, den Tower, die Tower Bridge, das London Eye, Big Ben und die Houses of Parliaments gesehen.
Danach brach aber leider das Chaos aus. Eine Walktour mit einem Guide stand an, aber wir waren zu viele Klassen, sodass ausgerechnet unsere Klasse aufgeteilt wurde. Erst wurden wir einer Klasse zugeteilt, aber die war nicht da (die Klassen sind nie alle gleichzeitig an einem Ort gewesen, sondern immer zeitversetzt gekommen, damit wir nicht zu viele waren), sodass wir dann mit der Klasse gehen mussten, in der praktisch alle Spinner der Stufe versammelt waren, plus einem Lehrer, der sich für den Coolsten hielt und einer Lehrerin, die kaum selbst Englisch konnte und pausenlos rauchte. Mit unserer kleinen Sechsergruppe durften wir dann unsere Tour verbringen, währenddessen uns die Lehrer mal wieder bewiesen, dass sie ihre Klasse nicht unter Kontrolle hatten. Im Übrigen sind die Lehrer zwischendurch mal selber verschwunden. Danach hatten wir noch kurz Zeit zum Shoppen, bis wir dann das wohl Aufregendste der Fahrt erlebten: Wir hatten uns komplett verlaufen. Der Lehrer der Klasse hatte angeboten, dass er uns wieder zum Abfahrplatz begleitet, aber er erschien nicht und in Panik sind wir einfach durch die Stadt gelaufen. Im Endeffekt mussten wir unseren Lehrer anrufen, bis wir dann verspätet zurückkamen. Ich war auch schon ziemlich kaputt, sodass ich kaum noch rennen konnte. Jedenfalls war uns keiner der Lehrer böse ob unserer Verspätung.

Tag 4 (Donnerstag, 16. Juli 2011)

Donnerstag war vergleichsweise ein eher entspannter Tag, der mit einer einstündige Wanderung in Eastbourne, Birlin Gap begann. Zwischendurch gab es immer mal wieder ganz kurze Regengüsse, die aber teilweise nicht länger als eine halbe Minute andauerten. Allerdings muss ich, als jemand ohne Kondition sagen, dass die Wanderung im Gegensatz zu Dienstag gar nicht wirklich anstrengend war. Mit unserem Mathelehrer und einigen aus der Begabtenklasse liefen wir die ganze Zeit voran und zeitweise waren die Gespräche echt witzig. Die Aussicht war auch viel schöner als die auf dem East Hill, nicht zuletzt wegen der vielen Kalkfelsen.
Am Beachy Head angekommen, holte uns der Bus ab. Am Ende war der halbe Bus aber leer, da die Lehrer einige von uns anstachelte, den Weg bis in die Innenstadt zu laufen, woran ich mich nicht beteiligte. Dort stürmten die Gruppe erst einmal die Shoppingmall, wo wir dann drei oder vier Stunden Zeit hatten. Das Einkaufszentrum in Eastbourne war sogar noch größer als in Hastings, obwohl ich befürchtet hatte, dass Eastbourne nur ein kleines Dorf sei. Danach ging es ohne Zwischenfälle zurück.

Tag 5 und 6 (Freitag, 17. Juli und Samstag, 18. Juli 2011)

Freitags mussten wir uns von unseren Gastfamilien und dem hübschen Hastings verabschieden und traten unsere letzte Reise nach London an. Dort wurden wir ins Tube-Fahren eingeführt, was sich sichtlich von unserem deutschen System unterscheidet. Mit den vielen farbigen Tube-Linien ist es für den Anfänger vielleicht etwas kompliziert, aber viel lustiger als hier. Übrigens gibt es dort keine Schaffner, sondern man hat ein Ticket, dass man an jeder Station einlösen muss, sodass man mit der Tube fahren kann.

Danach trennten sich unsere Wege wieder, denn es gab drei Museen zu besichtigen: Science Museum, British Museum und Art Gallery, von denen sich jeder im Vorfeld eines ausgesucht hatte. Ich und die meisten anderen sind mit der Tube ins Science Museum gefahren, wo wir zwei Stunden verbrachten. Es war zwar nicht mein Fall, ich bin aber der Meinung, dass es so viel gibt, dass man dort einen ganzen Tag verbringen könnte.

Danach begann dann das zweite Highlight der Fahrt: Ein Besuch in Madame Tussauds! Es war so wunderbar dort, obwohl es sehr voll war, weshalb ich jederzeit wieder reingehen würde, obwohl ich die meisten Hollywoodstars vom Aussehen her gar nicht kannte. Übrigens wirken die Figuren tatsächlich fast alle sehr echt, bis auf Angela Merkel. Und Robert Pattinson, neben dem ich stand, sah auch etwas merkwürdig aus.

Unten im Keller wartete dann das wirkliche Highlight: das Gruselkabinett mit vielen toten Puppen, abgehackten Köpfen und Mördern! Allerdings fand ich, und das sage ich nicht, weil ich mich mutig fühle, den Teil mit den Schauspielern nicht wirklich gruselig. Man konnte deren gruselige Visage im Dunkeln kaum ausmachen und teilweise hat man sie schon gesehen, bevor sie aus ihren Verstecken gesprungen sind. Ich hatte mehr Angst, als ich in den Raum von Hitchcock kam oder die Köpfe von Marie Antoinette etc. gesehen habe. Danach kam direkt noch ein Highlight. Eine Fahrt durch die Geschichte von London (Shakespeare, die Pest, der große Brand von London, Lord Nelson etc.), wobei ich Jack the Ripper vermisst habe.

Danach hatten wir noch etwa drei Stunden Zeit durch London zu tingeln, obwohl wir uns nur im Rahmen der “Circle Line” bewegen sollten. Wir sind dann natürlich zur berühmten Oxford Street gegangen und haben dort noch mal geshoppt, wobei ich mich kaum darauf konzentrieren konnte, weil meine Beine wieder furchtbar wehtaten. Mein Geld war sowieso schon knapp geworden, also überließ ich das Einkaufen den anderen. Im Übrigen hat es am Nachmittag ziemlich geregnet, aber dafür ist London ja berühmt.

Nachdem wir dann mit Verspätung wieder am Bus ankamen, begann die lange Rückfahrt, die über Nacht andauerte. Erstaunlicherweise war die Fähre auch nachts noch belebt, allerdings war draußen nicht mehr ganz so viel los, was aber auch daran gelegen haben könnte, dass wir auf einem anderen Deck waren und dieses nicht ganz so groß war. Allerdings hielten wir es nicht lange draußen aus, da das Schiff ziemlich schwankte, also legten wir uns auf ein Sofa und schliefen ein, bis wir kurz vor Abkunft wieder aufwachten. Im Übrigen ist einigen von den Schwankungen so schlecht geworden, dass sie kollabiert sind und behandelt werden mussten.

Danach ging es wieder in den Bus, wobei einige rasch einschliefen. Ich war einer der letzten, die wach waren, aber um halb vier bin ich dann wohl auch eingeschlafen, war aber um fünf schon wieder wach, da wir dann die erste Pause machten. Um sieben Uhr machten wir die letzte Pause, bis wir um 9:45 wieder ankamen.

Fazit

Die Woche in England hat mir sehr gefallen, was nicht zuletzt daran gelegen hat, dass es eine große Menge an Sehenswürdigkeiten gibt. Dort zu wohnen käme für mich nicht in Frage, eine Reise ist das Land jedoch auf jeden Fall wert.

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