Was lange währt, wird endlich gut! – Frauenlob 2018
Literatur ist bekanntermaßen nicht jedermanns (und -fraus) Fall. Manche Namen – Goethe, Shakespeare, um nur die prototypischen zu nennen – dürften aber den meisten zumindest etwas sagen. Doch je weiter man in der Zeit zurückgeht, desto schmaler wird selbst bei “Literaturliebhabern” das Wissen um bekannte Werke und Schriftsteller. Zum einen deshalb, weil uns aufgrund von fehlender Überlieferung schlichtweg die Informationen fehlen. Zum anderen aber auch, weil außerhalb von Schule (und selbst dort nur sehr begrenzt) und Literaturstudium ältere Literatur nur eine minimale Rolle spielt. Was die deutschsprachige Literatur des Mittelalters angeht, ist Walther von der Vogelweide sicherlich der Bekannteste. Aber wer verbirgt sich hinter so kuriosen Namen wie Neidhart, Spervogel, Regenbogen, Hermann Damen oder Reinmar der Alte?
So ging es sicherlich auch vielen von uns Studierenden, als wir zu Beginn des letzten Semesters ein Projektseminar mit den Titel „Mediävistik trifft Job & Karriere – Frauenlobs Minnesang” (bzw. das Bachelor-Pendant: Frauenlobs Sangspruchdichtung) wählten. Frauenlob könnte man nämlich genauso gut in obige Reihe einfügen. Anders als bei den Genannten gibt es über diesen Dichter aber immerhin ein paar gesicherte Fakten. So weiß man, dass Frauenlob eigentlich Heinrich von Meißen hieß, am 29.11.1318 verstarb und im Mainzer Dom begraben wurde. Ein Schriftstück aus dem Jahr 1299 belegt sogar urkundlich seine Existenz. Das mag unspektakulär klingen, ist aber vergleichsweise viel, ja die Kenntnis des genauen Todesdatums ist wirklich außergewöhnlich. Über andere Schriftsteller des Mittelalters weiß man bis auf den (Künstler-)Namen quasi nichts!
Frauenlob kam auf Betreiben des Erzbischofs Peter von Aspelt in seinen letzten Lebensjahren nach Mainz und starb dort. Sein Grab ist in einer Rekonstruktion aus dem 18. Jahrhundert bis heute erhalten. Aus diesem Grund ist der Name Frauenlob in Mainz durchaus präsent. Es gibt Straßen und eine Schule, die nach ihm benannt wurden, eine Brunnenanlage und in der Zeit der französischen Besatzung unter Napoleon existierte sogar kurzfristig mal ein Stadtviertel, das nach Frauenlob benannt wurde.¹ Trotzdem wissen nur die wenigsten, dass es sich dabei um eine Person und darüber hinaus um einen Schriftsteller handelt.
Im Studium ist mir Frauenlob bisher nur am Rand begegnet. Aus meinem Praktikum wusste ich, dass es ein eigenes Frauenlob-Wörterbuch gibt (denn Frauenlob war ein Meister der Neologismen!) und er durchaus anspruchsvolle, nicht leicht verständliche Lieder und Sprüche hinterließ. Anlässlich des 700. Todestags von Frauenlob wurde dieses Jahr nun von der Germanistik der Uni Mainz ein Projekt ins Leben gerufen, in dessen Rahmen eine Ausstellung entworfen werden sollte. Mir gefiel das Konzept, mal etwas Praktisches zu erarbeiten, was im Studium ja doch häufig zu kurz kommt, und war sofort dabei.
Während wir uns im Seminar wissenschaftlich und inhaltlich mit dem Werk Frauenlobs auseinandergesetzt haben (wir Masterstudierende mit Frauenlobs Minneliedern, die Bachelorstudierenden mit seinen Sangsprüchen), begann in den Ferien die kreative Arbeit. Seitdem sind unzählige Ideen entwickelt und wieder verworfen, Texte geschrieben, Konzepte kreiert und Grafiken designt worden. Und das alles von uns 24 Studierenden! Es ging bewusst darum, keine vorgefertigten Ideen der Dozentinnen umzusetzen, sondern uns alles mit Hilfe von Experten und Expertinnen selbst zu erarbeiten. Das hat uns hin und wieder an den Rand unserer Nerven gebracht, aber so können wir letztlich sagen, dass alles von uns stammt.
Alles, was uns Frauenlob hinterlassen hat, sind seine modernen, provozierenden, faszinierenden Werke. Diese haben wir versucht, mittels Gemälden, Videos, Lichtinstallationen und interaktiven Stationen sinnlich erfahrbar machen. Denn wir möchten, dass auch jene Personen Zugang zu Frauenlob finden, die nicht einem akademischen Kreis entstammen oder Mittelhochdeutsch verstehen. Einen Einblick in unsere bisherige kreative Arbeit gibt es hier.
Seit April beschäftigt uns dieses Projekt und hat sicher einigen von uns so manche schlaflose Nacht beschert. Jetzt sind es nur noch etwas weniger als drei Wochen, bis die Ausstellung eröffnet. Die Ausstellungsstücke stehen schon, es fehlt nur noch der Feinschliff. Wir sind alle schon sehr gespannt, wie unsere Ausstellung ankommt!
Zwischen Herz und Verstand. Einblicke in die Sprachwelten Frauenlobs
10. Oktober 2018 bis 29. November 2018
Schule des Sehens, JGU Campus, Jakob-Welder-Weg 18, vor P 1
Öffnungszeiten:
jeden Dienstag, 18-20 Uhr
jeden Mittwoch, 18-20 Uhr
jeden zweiten Dienstag, 10-12 Uhr (16.10., 30.10., 13.11., 27.11.)
jeden zweiten Donnerstag, 16-18 Uhr (11.10., 25.10., 08.11., 22.11.)
https://www.facebook.com/Frauenlob-2018-1956397914420731/
https://frauenlob-2018.uni-mainz.de/
https://www.instagram.com/zwischen_herz_und_verstand/
Literaturnachweis:
1) Rita Heuser: Namen der Mainzer Straßen und Örtlichkeiten. Sammlung, Deutung, sprach- und motivgeschichtliche Auswertung. Stuttgart 2008 (= Geschichtliche Landeskunde, Bd. 66), S. 209.