Wenn sich der Vorhang schließt – adé Theaterwissenschaft!

Heute am 30.01. fand an der Uni Mainz der Tag der offenen Tür statt. Als jemand, der nun mit seinem Bachelorstudium am Ende angelangt ist, war es für mich sehr amüsant, dem Treiben ein wenig zu folgen und zu beobachten, wie Schulklassen mit Bussen aus ganz Deutschland anreisen, um sich in der Uni umzuschauen.
Vor ziemlich genau vier Jahren war auch ich ein Teil dieser Schüler, die sich auf dem weiten Campus nicht auskannten und zwischen den Gebäuden hin und her irrten. Eines wusste ich damals schon genau: Irgendwann würde ich an diesem Ort Germanistik studieren. Was ich jedoch als Beifach nehmen sollte? Keine Ahnung. Dafür, dass es später Theaterwissenschaft werden sollte, wurde an jenem Tag quasi nur durch Zufall der Grundstein gelegt. Damals besuchte ich zwei Germanistik-Veranstaltungen (und lernte dort unbewusst auch schon zwei meiner Lieblingsdozenten kennen) und da ich nicht bereits nach wenigen Stunden nach Hause fahren wollte, weil es für mich eine Besonderheit zu jener Zeit war, allein nach Mainz zu fahren, suchte ich nach einer Veranstaltung für den Nachmittag. Diejenige, die von der Uhrzeit passte und mich vom Namen ansprach, war die Infoveranstaltung zu Theaterwissenschaft.

Vor meinem Studium war ich kein großer Theatergänger – um genau zu sein, waren meine Theaterbesuche bis auf eine Ausnahme immer im schulischen Rahmen erfolgt. Theater hatte mich bis dahin immer mehr von seiner literarischen Seite fasziniert; ein paar Dramen hatte ich selbst schon verfasst und etliche mehr gelesen. Dass es in der Theaterwissenschaft aber genau darum nicht geht, hat mich entweder nicht abgeschreckt oder ich hatte es nach jener Veranstaltung schon wieder vergessen.

Was genau in der Informationsveranstaltung gesagt wurde, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur noch an den großen Saal, in dem wenige Stunden zuvor die Germanistik-Veranstaltung stattgefunden hatte, und an den Ausschnitt einer Inszenierung von Emilia Galotti des Regisseurs Michael Thalheimer. Als dann knapp zehn Monate später die Bewerbungsphase vor der Tür stand, habe ich Theaterwissenschaft wie selbstverständlich als Zweitfach genommen, ohne darüber nachzudenken, ob ich nicht vielleicht doch Geschichte oder Politikwissenschaft nehmen sollte – und ohne mich wirklich darüber zu informieren, worum es in diesem Studiengang ging. Dass sich die Mainzer Theaterwissenschaft auch mit Kultur und Film beschäftigt, wusste ich beispielsweise nicht.

Nach fast drei Jahren Bachelorstudium ist es Zeit, sich von diesem treuen Begleiter zu verabschieden. In nicht mal mehr einer Woche werde ich ein letztes Mal eine Theaterwissenschaftsveranstaltung betreten.

Woran werde ich denken, wenn es vorbei ist? Dass ich mich in meinem allerersten Thewi-Seminar verloren gefühlt habe, weil sich scheinbar alle bereits kannten, inklusive der Dozentin? Dass eben jene am Ende der ersten Stunde verkündete, dass diese auch ihre letzte gewesen sei? Dass ich in meiner erste Hausarbeit keinen Schimmer hatte, wie man eine Aufführungsanalyse schreibt, weil ich es erst im folgenden Semester hätte lernen sollen und es trotzdem irgendwie auf eine 1,3 geschafft habe? Daran, dass viele Veranstaltungen abends lagen und ich oft genug zum Bus gerannt bin? Nein, wahrscheinlich wird es nichts davon sein.

Wenn ich an die Leute denke, die mit mir Theaterwissenschaft studiert haben, war ich immer eine Ausnahme. Viele hegen eine große Leidenschaft fürs Theater, manche arbeiten selbst schon dort, andere sind auf dem Weg dorthin. Ich hingegen hatte nie die Ambition, in diesem Bereich zu arbeiten. Auch mein Theaterkonsum hat nicht zwangsläufig zugenommen, was aber weder am Fach noch am Studium lag.

Auch wenn Thewi keine große Herzensangelegenheit im Vergleich zu Germanistik für mich war, ich zu den Dozenten nie so eine große Sympathie gefasst wie zu denen in meinem Hauptfach und ich mich die meiste Zeit über die Leute aufgeregt habe, so habe ich es es zu keiner Sekunde bereut, dieses Fach gewählt zu haben.
In den sechs Semestern habe ich unglaublich viel über Theater gelernt, über die verschiedenen Theorien, Regisseure und die Arten über Theater zu sprechen; in Frankfurt war ich, um Theater zu sehen, in Wiesbaden, erlebte von der „klassischen“ Drameninszenierung, über postdramatisches Theater, bis hin zu Performances und performativen Rundgängen jede Menge schöner Momente. Inzwischen kann ich Theater mit ganz anderen Augen sehen.
Früher habe ich mich immer gewundert, wenn in einer Inszenierung Schauspieler mit nacktem Oberkörper auf der Bühne standen; wenn das Bühnenbild aus einem weißen Kasten bestand oder ein Wasserbecken vor der Bühne installiert war – ich weiß noch, wie in einer Arbeit in der Oberstufe nach einer Interpretation für ein bestimmtes Element einer Faust-Inszenierung gefragt wurde (die Rolle von Faust und Mephisto wurde zweimal besetzt) und ich damals eine ziemlich schlechte Note auf diesen Teil bekommen habe, weil ich einfach nicht wusste, was ich damit anfangen sollte. Gewisse Inszenierungselemente mag ich nach wie vor nicht – aber inzwischen kann ich es akzeptieren und verstehe, was dahinter steckt.
Theater ist so viel mehr als nur der Dramentext, ist so vielfältig in seinen Gestaltungsmöglichkeiten.

Drum, machs gut, altes Fach! Du warst von Anfang nur dazu bestimmt, mich auf eine festgelegte Zeitspanne zu begleiten und hast deine Sache gut gemacht!

Und was denkst du dazu?

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.