Über das Fach Theaterwissenschaft

Welcher Student kennt sie nicht, die Frage, was man später beruflich mit seiner Studienwahl anfängt. Bei Fächern wie Jura, Medizin oder Lehramt wird man so etwas vermutlich weniger gefragt, weil der weitere Berufsweg im Prinzip vorgegeben ist (was nicht heißt, dass es in diesen Fächern nicht auch viele verschiedene Ausrichtungen gibt). Aber gerade als Geisteswissenschaftler hört man immer wieder das mehr oder weniger ernst gemeinte Klischee, am Ende „eh“ Taxifahrer zu werden.
In Germanistik bin ich schon oft damit konfrontiert worden, weil das Fach scheinbar so unspezifiziert ist, aber selbst in Theaterwissenschaft geistert dieses Klischee herum, weil viele eine falsche Vorstellung davon haben, was man dort macht.

Natürlich ist und bleibt es ein Klischee. Letztlich liegt es an jedem selbst, inwiefern er sich selbst noch benötigte Fähigkeiten aneignet, sich um Praktika in der angestrebten Branche bemüht usw. Und wie immer gehört zu allem eine gute Portion Glück dazu. In diesem kleinen Artikel will ich aber auch gar nicht dessen Herkunft und Berechtigung erörtern, sondern ein wenig mehr über mein Nebenfach Theaterwissenschaft sprechen. Wie bereits angedeutet, gibt es bestimmt viele, die gar wissen, was man dort macht, und vielleicht auch den ein oder die andere, die sich für dieses Fach interessiert.

Das erste, was man wissen muss: Wenn man Theaterwissenschaft studiert, wird man dadurch kein Schauspieler. Wie der Name andeutet, ist es eine Wissenschaft. Es geht darum, über Theater zu reden und Methoden zu lernen, um Aufführungen zu analysieren. Ab und an darf man zwar auch selbst kreativ werden (im Kernfach Theaterwissenschaft noch mehr als im Beifach), steht aber nicht im Fokus. Ebenso wenig wird man mit Theaterwissenschaft selbst zum Stückeschreiber. Als ich meinen damaligen Lehrern von meiner Fächerwahl erzählt habe, waren die ersten Reaktionen, wann sie meine erste Inszenierung begutachten dürfen. Das eine schließt das andere natürlich nicht aus – im Verlauf des Studiums sind uns genug Beispiele von ehemaligen Theaterwissenschaftsstudierenden präsentiert worden, die Dramaturgen oder Regieassistenten geworden sind.

Ich persönlich hatte nie Ambitionen, irgendetwas mit Theater zu machen (-> Über meine Motivation, dieses Fach zu studieren, habe ich hier geredet). Kommilitonen von mir sind dagegen total erpicht darauf, in diese Richtung zu gehen. Diese arbeiten nebenher meist schon selbst im Bereich Theater, um dort Erfahrungen und Kontakte zu sammeln.

Ein weitere Frage, die ich ebenfalls schon gehört habe: Schaut man sich in Theaterwissenschaft nur Theater an? Im Prinzip könnte man genauso gut fragen, ob man in Germanistik oder Buchwissenschaft nur Bücher liest. Natürlich bildet Theater die Grundlage des Fachs. Aber die Theaterwissenschaft ist sehr vielfältig. Man wird mit der Theatergeschichte vertraut gemacht, lernt die Methoden kennen, mit denen man Aufführungen oder Inszenierungen analysieren kann (semiotisch, d. h. interpretierend wie einen Text, phänomenologisch, d. h. ausgehend von Erfahrungen, was manche gar nicht als wissenschaftlich bezeichnen würden, kulturwissenschaftlich etc.) und lernt von der Drameninszenierung bis hin zum Happening unterschiedliche Theaterformen kennen.

Das Spezielle an der Theaterwissenschaft der Uni Mainz ist, dass durch den institutionellen Verbund von Theaterwissenschaft mit Filmwissenschaft und Kulturanthropologie auch Elemente aus diesen Fächern einfließen, die einem im besonderen Maße die Bedeutung von Theater/Theatralität näherbringen. So betrachtet man theatrale Techniken im Film oder erklärt kulturwissenschaftliche Phänomene mit Theater (beispielsweise Massenveranstaltungen oder jegliche Art von Inszenierungen, siehe hier mehr.)

Wenn man sich entscheidet, Theaterwissenschaft zu studieren, sollte man ein grundsätzliches Interesse an Theater mitbringen bzw. Begeisterungsfähigkeit dafür, sonst wird es schnell langweilig – das gilt aber grundsätzlich für alle Fächer. Theaterwissenschaft ist (unabhängig vom Standort) ein kleines Fach, das insgesamt weniger als 500 Leute studieren. Die Kurse sind dementsprechend klein, man lernt schnell viele Leute kennen und es herrscht eine persönlichere Atmosphäre als in anderen Fächern, in denen man mit hunderten Leuten in einem Hörsaal sitzt.

Natürlich ist man als Student eines solchen Faches viel weniger festgelegt als jemand, der Chemie studiert mit dem Ziel, Chemiker zu werden. Das kann genauso gut wie schlecht sein. Wie oben bereits angedeutet, ist wichtig, was jeder individuell daraus macht.

Homepage der Theaterwissenschaft der Uni Mainz http://www.theaterwissenschaft.uni-mainz.de/

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