Vom Ende meiner Promotionszeit: Ein Rückblick
Eigentlich hatte ich mir das alles etwas anders vorgestellt. Ich wollte meine Promotionszeit mit regelmäßigen Blogbeiträgen begleiten, ähnlich wie ich das schon während meines Studiums getan habe, wollte von den Höhen und Tiefen auf dem Weg zur fertigen Doktorarbeit berichten. Nicht unbedingt, um irgendwelche Ratschläge zu erteilen (das können andere besser), sondern um mich selbst zu reflektieren und irgendwann noch einmal zurückschauen zu können.
Nun, eigentlich.
Nach zwei sehr allgemeinen Beiträgen und meinem „Corona-Bonusbeitrag“ 2020 war schon Schluss. Vielleicht war es die Unlust, vielleicht gab es auch einfach nichts Nennenswertes zu sagen. 2022 habe ich wohl noch einmal einen Anlauf unternommen, zumindest ist ein Fragment in WordPress angelegt.
Jetzt bin ich tatsächlich am Ende angelangt. Die Promotion ist absolviert, der Schritt in den Berufsalltag steht kurz bevor. Und so ganz ohne irgendein Wort geht es dann doch nicht.
Ich versuche erst gar nicht, einen Gesamtüberblick über die letzten 4 Jahre zu geben. Nur so viel sei angemerkt: Ja, die Promotionszeit hatte tatsächlich Höhen und Tiefen. Für mich haben die Höhen zum Glück dominiert. Insbesondere die vergangenen zwei Jahre waren aufgrund von zahlreichen neuen Kontakten, Ehrenämtern, Gremienarbeit und Workshops wahnsinnig prägend für mich. Aber hier
will ich speziell auf die letzten 7-8 Monate zurückblicken – unter Auslassung sämtlicher Tiefen.
Normalerweise scheue ich davor zurück, Dinge in Reihenfolgen zu bringen und abzuwägen. Warum können Sachverhalte nicht gleich gut sein? Wieso immer eine/n Lieblings… haben? Aber hier weiche ich davon ab. Denn ich kann für mich sagen, dass eben jenes Dreivierteljahr das schönste war, das ich in meinen bisher 9,5 Jahren an der Universität erlebt habe.
Es war so ereignisreich, dass ich bisweilen noch davon träume.
Der Februar begann mit einem vorgezogenen Geburtstagsgeschenk: Endlich erhielt ich die Gelegenheit, in meinem eigentlichen Fachteil, der NDL, zu unterrichten! Wie so oft im Leben lief alles ein bisschen ungeplant und mir ist klar, dass ich diese Chance nur erhalten habe, weil jemand anderes ersetzt werden musste. (Inklusive nötiger Portion Glück, denn diese Situation gab es schon mehr als einmal, wo andere den Zuschlag erhielten.) Aber ich werde einerseits meiner wunderbaren neuen Betreuerin niemals vergessen, dass sie mich auf die freien Lehraufträge hinwies, wie auch meinen ebenso wunderbaren Kolleginnen der ÄDL ewig dankbar dafür sein, wie sie sofort alle Fühler ausgestreckt haben, um mich in der ÄDL zu ersetzen und mir einen Lehrauftrag in der NDL zu ermöglichen. Das muss man sich mal vorstellen: Da bin ich eigentlich fest eingeplant, die erste Anmeldephase ist schon vorbei und plötzlich komme ich mit meinem „Wechselwunsch“ an. Ins eigene Fleisch haben sie sich damit wahrlich nicht geschnitten, der Ersatz ist eine Bereicherung, nach allem was ich gehört habe. Aber dennoch: Wo gibt es so ein Engagement sonst? Und ja, es war nur ein Lehrauftrag. Keine hochdotierte Stelle, kein Lottogewinn. Aber für mich war es so viel mehr, es ging ein Traum in Erfüllung, der mir bis dato verwehrt geblieben war.
Der März führte mich nach langer Zeit wieder einmal nach Weimar für ein Praktikum. Abseits des Fachlichen habe ich daraus wertvolle Erfahrungen gezogen: Ich kam zurück und hatte das Gefühl, nun wirklich erwachsen zu sein. (Hört sich komisch an für jemanden, der auf die 30 zugeht. Aber so war es nun einmal.) Während ich vorher immer Bedenken hatte, allein für längere Zeit zu reisen, kann ich es nun kaum abwarten, neue Städte zu erkunden. Der Gedanke, dass Mobilität ein prägender Teil von Wissenschaft ist, hat mich immer etwas abgeschreckt. Inzwischen nicht mehr.
Anfang April führte mich mein Weg folgerichtig nach Bonn zu einem lang ersehnten Besuch, der hiermit zu tun hat. Ein bisschen Urlaub, bevor dann das Semester losging. Was für eines es werden würde, konnte ich da noch nicht ahnen.
Eine Übung, die nahezu perfekt lief.
Ein Treffen in einer Akademie.
Meine Verteidigung und die Feier danach. Unvergessen.
Ein Tag voller offener Türen.
Unerwartete Lektüren.
Unerwartete Aufsatzpublikationen.
Ein Weihnachtsgeschenk im Sommer?!
Sommerfeste.
Eine akademische Feier.
Bewerbungen.
Ein Treffen unter “sternbeschnuppten” Kastanienbäumen, von dem ich niemals zu träumen gewagt hätte.
Egal ob Familie, Freunde, Mitdoktoranden, Mentoren, Kollegen – alle haben dazu beigetragen, Frühjahr und Sommer für mich unvergesslich zu machen, und das oft einfach nur, indem sie sich (sofern es speziell um mich ging) die Zeit genommen haben für Gespräche, Feedback oder ein Mittagessen. Ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Wahrscheinlich wäre die Zeit oftmals sinnvoller investiert. Die allermeisten werden das hier niemals lesen. Ich hoffe trotzdem, ihr wisst, wie dankbar ich euch dafür bin.
Meinen Blogbeitrag zum Ende des Masterstudiums beendete ich mit den Worten: „[M]an lernt nie aus über Menschen!“ Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, worauf ich damit Bezug genommen habe. Aber vier Jahre später kann ich sagen: Stimmt.
Zwei unerwartete Gesellen || Danke an die Mitglieder der ehemaligen Doktorandenvertretung für diesen tollen Doktorhut!